ᐅ Angelruten 🎣 Wie finde ich die beste für mich? 🔎 Kaufhilfe nach Ausstattung, Einsatzgebiet, Ruten-Art und Hersteller!

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Das wohl wichtigste Werkzeug für den Sportfischer bei der Ausübung seines Hobbys ist eine gute Angelrute. Lange bevor die ersten Rollen die Möglichkeiten des Fischfangs erweiterten, waren schon unzählige Flossenträger

  • mit langen Stöcken
  • ausgestattet mit selbstgebastelten Schnüren und
  • Haken

an Land gezogen worden.

Der Rutenbau heute, mit seinen hochtechnisierten Materialien und Konstruktionstechniken, ist natürlich eine andere Welt. Mit Modellen, die sich sowohl an die Fischart als auch an die bevorzugte Angelmethode anpassen lassen.

Hier kann der Angler genau das Werkzeug finden, das optimal auf seine Vorstellungen und Bedürfnisse abgestimmt ist. Wie Du die, für Dich passende Angelrute auswählst, das erfährst Du in diesem Beitrag.

Inhaltsverzeichnis

1. Wie finde ich die beste Angelrute für mich?

Angelruten gehören mit zu den teuersten Ausrüstungsgegenständen eines Anglers. Jedes Ausstattungsdetail des verlängerten Arms ist wichtig. Kann es doch letztlich darüber entscheiden, ob der Stecken regelmäßig zum Fischfang eingesetzt wird – oder als Fehlinvestition im Angelschrank versauert.

Leider verliert man beim Durchblättern der Hochglanzkataloge der führenden Hersteller schnell den Überblick, welches die richtige Rute für die eigenen Ansprüche und Bedürfnisse ist.

  • Zu groß,
  • zu wechselhaft
  • und zu unübersichtlich

ist der Markt geworden.

Die manchmal nichtssagenden Beschreibungen in den Katalogen taugen als Grundlage für eine Auswahlentscheidung auch nicht unbedingt. Dabei wäre es gar nicht schwer, mit einer beschreibenden Klassifizierung jedem Interessenten schnell zu vermitteln, worauf es beim Rutenkauf ankommt. Und bei welchen Details er besonders aufmerksam sein sollte.

Genau das wollen wir in diesem Beitrag versuchen. Alle Infos zu den wichtigsten Komponenten einer Angelgerte wie Blank, Griff, Rollenhalter, Beringung, Ringbindung und Lackierung werden natürlich mitgeliefert.

2. Was musst Du über den Rutenblank wissen?

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Was eine Rute ist und kann, bestimmt im Wesentlichen der Ruten-Rohling. Der Blank, wie man ihn üblicherweise bezeichnet, wird heute vorwiegend aus Kohlefaserwerkstoffen (Carbon) hergestellt. Mit diesem Material ist heute im Rutendesign alles möglich, was gut und sinnvoll ist.

Kohlefaser ist ideal zur Herstellung von schnellen und leichten Rohlingen, unabhängig vom jeweiligen Einsatzgebiet. Kohlefaser ist allerdings eine feste sowie gleichzeitig steife Faser – und dadurch leider etwas bruchempfindlich, wenn abrupt hohe Kräfte einwirken. Dem arbeitet der Rutenentwickler entgegen, indem er elastischere Kunststofffasern wie

  • Polyamide,
  • Meshgewebe
  • oder Kevlar

dazugibt.

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Das Rohmaterial für die Blankherstellung steht als Endlosmatte auf einer Walze zur Verfügung (unteres Bild), der fertige Rohling ist hier mit einer Kreuzwicklung (Bruchstabilisierung) auch optisch eine Augenweide. Bildnachweis: www.sportex.de

Das kann in Form

  • einer Kreuzwicklung,
  • einer Extralage im Blankaufbau
  • oder mit einem Mischgewebe (z.B. je 50 % Kevlar und Carbon)

geschehen. Natürlich gibt es preiswertes Carbon-Material und solches, das hohen Qualitätsansprüchen genügt. Je leichter eine Rute werden soll, umso anspruchsvoller muss die Materialauswahl sein. Das kommt wie bereits erwähnt der Strapazierfähigkeit jedoch nicht immer zugute.

Häufig findet man Bezeichnungen wie HT, HM und IM als Kohlefaserzertifizierung in der Beschreibungen. Beschrieben wir damit die Festigkeit (z.B. hochfest = High Trensity) und die Steifigkeit (z.B. hochsteif = High Modulus, IM= mittelsteif) des Grundmaterials. Dessen Einsatz hängt wiederum stark vom jeweiligen Rutentyp und seinem Qualitätsanspruch ab.

  • So werden z. B. IM-Fasern häufig bei Spinnruten, Wallerruten und Bootsruten eingesetzt.
  • Höherwertigere Ausführungen eher bei langen Rutentypen wie Kopfruten, Matchruten und Scrubolino-Modellen. Oder auch bei hochwertigen Spezialruten, bei welchen Gewicht eingespart werden soll.

Neben der Kohlefaser mit all ihren Kombinationsmöglichkeiten mit anderen Materialien spielt die Glasfaser im Rutenbau eine wichtige Rolle. Vor allem preiswerte aber gleichzeitig strapazierfähige Modelle greifen gerne auf dieses Gewebe zurück. Häufig auch in einer Mischung mit Carbon. In den Rutenbeschreibungen läuft diese in der Regel unter dem Begriff Carbon-Fiber.

3. Wie kommt die Rute zu ihrer Aktion?

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Wie bringt man einem Rohling die Feinheiten bei, die ihn zu einer Angelrute machen? Nun, das geschieht nach einem ausgeklügelten Plan schon vor dem eigentlichen Herstellungsprozess. Rutenrohlinge werden aus Fasermatten (Carbon, Mischgewebe o.a.) hergestellt, die in Abhängigkeit des gewünschten Rutentyps zu einer spezifischen Kegelform zugeschnitten werden. Mit diesem Zuschnitt bestimmt der Hersteller, wie sich die spätere Rute beim

  • Wurf,
  • Anschlag und
  • Drill

verhalten wird. Die Matten werden dann auf einem passenden Metallkern aufgebracht und mit einem hochwertigen Bindemittel (Harz) unter Hitzeeinwirkung zu einer Hohlröhre verschmolzen. Der Materialaufwand bestimmt die Wandstärke und damit auch das Gewicht des Blanks / der Rute. Je dünner die Wandung, desto leichter wird das Ganze.

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Die Art und Weise, wie der Blank nach oben hin verjüngt wird, bestimmt die Rutenbiegekurve von Spitzenaktion oben (fast taper) bis parabolischer Aktion (slow taper) unten. Zwischen diesen beiden sind viele weitere Spielarten möglich, nicht nur die gemäßigte Spitzenaktion (moderate taper) wie in der Mitte angezeigt.
  • Verjüngt sich der Blank im Durchmesser sehr schnell (fast taper = schnelle Verjüngung), biegt sich bei Belastung der Rute nur der obere Teil nach unten (Spitzenaktion).
  • Geht die Verjüngung langsamer vor sich (moderate taper = semi-parabolische Aktion), ergibt sich eine gemäßigte Spitzenaktion. D.h. die Biegekurve geht maximal bis zur Hälfte der Rutenlänge.
  • Bei einer kaum spürbaren Verjüngung (slow taper = parabolische Aktion), reicht die Biegekurve zu guter Letzt bis an den Handteilbereich.

Was bedeutet also die Aktion bei Angelruten: Die Rutenaktion entscheidet darüber, wie schnell oder langsam Aktionen von der Rute umgesetzt werden. Sprich wie stark sie bei Belastung durchbiegt und bei Entlastung wieder gerade wird.

Zwischen den beschriebenen Verjüngungsmöglichkeiten gibt es eine ganze Reihe von Zwischenlösungen. Darunter auch solche, die nicht unbedingt in das beschriebene Schema passen, wie z.B. die progressive Aktion. Warum das Biegeverhalten des Blanks für die Rutensuche wichtig ist – und warum fast (taper) und slow (taper) für den Angler eine Bedeutung haben – sehen wir uns im folgenden Abschnitt genauer an.

3.1 Welche Rutenaktion brauche ich?

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Das Biegeverhalten (Aktion) wird wie bereits erwähnt schon im Herstellungsprozess definiert. Immer unter der Berücksichtigung der gewünschten Auswirkungen auf das Gebrauchsverhalten.

  • Ruten mit einer Spitzenaktion biegen sich mehr oder weniger nur im Umfeld der Spitze. Diese lassen sich besonders exakt werfen, weil sich die Wurfenergie nur auf diesen eher kleinen Bereich konzentriert. Stippruten von 3 m Länge aufwärts sind typische Vertreter dieser Gattung. Ebenso wie moderne Ruten zum Jiggen oder Vertikalangeln, bei welchen der Köder nur mit der Spitze dirigiert wird, sodass der Anschlag schnell und mit kurzen Wegen erfolgen muss.
  • Ruten, die ein mittleres Biegeverhalten bis zu 50 % der Rutenlänge aufweisen, decken einen Bereich von gemäßigter Spitzenaktion bis zu gemäßigter parabolischer Aktion ab. Sie eignen sich praktisch für alle Angelarten sowie -techniken und stellen daher das Gros im Rutenangebot. Im Vergleich zur reinen Spitzenaktion sind sie weniger präzise im Werfen, erreichen aber durch den größeren Biegebereich eine bessere Aufladung – und damit größere Wurfweiten. Im Drill haben sie zudem höhere Reserven, um Fluchten und Runs beim gehakten Fisch abfedern zu können.
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Typisches Beispiel für eine Rute mit progressiver Aktion. Bei einem Küchendorsch, wie hier, zeigt sich ein Biegeverhalten nur im Spitzenbereich. Bei stärkerer Belastung geht es annähernd bis in das letzte Drittel des Blanks.
  • Ruten mit parabolischer oder durchgängiger Aktion brauchen zwar etwas mehr Zeit, um Energie aufzuladen und über die gesamte Länge wieder abzugeben. Damit entwickeln sie aber sehr viel Power beim Wurf – ein nicht unerheblicher Vorteil, wenn große Wurfweiten erwünscht sind. Entsprechend hoch sind auch die Reserven bei starken Belastungen im Drill. Mit diesen Ruten ist eine exakte Platzierung des Köders weniger gut möglich. Falls es auf diese ankommen sollte, würde man eher eine mittlere Biegekurve wählen. Typische Vertreter für diese Aktionsform sind weiche Karpfenruten oder solche für die Brandungsangelei.

Lange haben die Rutenbauer nach einer Möglichkeit gesucht, die Sensibilität der Spitzenaktion mit den Wurf- und Drilleigenschaften der anderen Aktionstypen zu vereinen. Wer also das Nonplusultra der Rutenaktion finden möchte, wird zur progressiven Aktion greifen. Eine solche Rute biegt sich

  • bei geringer Belastung nur im Spitzenteil,
  • bei mittlerer bis in die Rutenhälfte
  • und erst bei extremer Anforderung bis ins Handteil

durch.

Man sagt auch, diese Ruten haben ein starkes Rückgrat, das erst gebeugt wird, wenn entsprechende Belastungen auftreten. 

Progressive Aktion bedeutet nichts anderes als (unter Belastung) fortschreitende / progressiv Biegekurve.

3.2 Was ist mit einer „schnellen“ Rute gemeint?

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Zu diesem Thema gibt es eine Reihe von Missverständnissen. Vor allem, weil hierbei häufig die englischen Begriffe wie fast (taper) und slow (taper) verwendet werden. Mit diesen ist aber generell nur eine schnelle oder langsame Verjüngung (taper) des Blanks gemeint.

Natürlich ist aber eine Rute mit Spitzenaktion wegen der kurzen Wege (fast taper) schneller wieder in der „geraden“ Ausgangslage als eine, deren Aktion über die gesamte Rutenlänge geht. Insofern ist die Verwendung der Begriffe fast und slow einerseits nicht ganz so falsch, wenn man von einer schnellen Rutenaktion spricht.

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Ein Gewässerabschnitt mit besonderen Herausforderungen (Valentia Island, Irland). Die Felsformationen setzten sich unter Wasser bis in den Mittenbereich fort, so dass Hänger vorprogrammiert sind. Hier sind lange Ruten mit kräftigem Rückgrat angesagt, die eine optimale Führung des Köders und das Lösen auftretender Hänger erlauben.

Missverständlich ist es trotzdem. Wird die Frage, wie schnell sich eine Rute wieder zurückstellt, ja nicht nur durch die Aktionskurve, sondern auch durch das verwendete Material im Blank, beantwortet. Die Geschwindigkeit, in welcher die Rückstellung des Blanks in die gerade Position geschieht, ist ein Hinweis darauf, welche Spannkraft die Rute besitzt.

Langsame Ruten werden beim Angeln häufig als teigig oder labberig empfunden. Das ist bei preiswerten Teleskopruten meist der Fall, da sie einige Zeit wie ein Pendel hin und her schwingen, bevor sie sich wieder beruhigen. Man könnte auch sagen,

  • langsame Ruten haben einen kleinen Dämpfungsfaktor,
  • schnelle einen großen.

Leider gibt es kein neutrales Maß, das Auskunft über das Schwingungsverhalten gibt. Aber man kann davon ausgehen, dass eine steife Faser wie Carbon im Rutenaufbau das besser erledigt als weichere Kunststoff- oder Glasfasern. Und dass Steckruten hier konstruktiv besser dran sind als Teleskopruten. Unabhängig von den Aktionseigenschaften einer Rute ist eine hohe Rückstellpower jedoch immer wünschenswert.

4. Was bedeutet das Wurfgewicht (WFG) einer Angelrute?

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Die Wurfgewichtsangabe einer Rute ist neben der Aktionskurve und dem Rückstellverhalten ein weiteres wichtiges Differenzierungsmerkmal. Im Grunde genommen teilt das Wurfgewicht (WFG) Ruten mit gleicher Aktion und gleichen Ausstattungsdetails grob in drei Kategorien ein. Je nachdem, ob ich eine Angelrute für die leichte, mittlere oder schwere Angelei benötige.

In Tabellenform sähe das für die Süßwasserfischerei beispielsweise so aus:

Angeleileicht (von - bis)mittel (von - bis)schwer (von -)
WFG2-30 g30-80 g>80 g
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Beispiel für eine WFG-Angabe auf einer leichten Pilkrute von WFT

Diese Angaben sind nicht normiert – als Anhaltspunkte sind sie aber gut zu gebrauchen. Beispielsweise um zu prüfen, ob die verwendeten Köder (inklusive der zu erwartenden Fänge) auf den jeweiligen Rutentyp passen. Eine Stipprute für Weißfische mit einem Wurfgewicht von 2 – 15 g und einer Spitzenaktion wäre zum Karpfenangeln z. B. völlig ungeeignet.

Bei den WFG-Angaben wird davon ausgegangen, dass die Rute mit ihrer Biegekurve und Belastungsfähigkeit die angegebenen Werte werfen kann. In der Praxis solltest Du aber eher 20 % als ideales WFG abziehen. Von diesem kannst Du in weiterer Folge ableiten, für welche Arten von Angelruten (und welchen Fisch) das Teil geeignet ist. Wie das geht, will ich einmal an drei Beispielen erläutern. Für einen kompletten Überblick kannst Du die weiter unten aufgeführten Tabellen zurückgreifen.

Beispiel 1: Karpfen Grundangelei am See vom Ufer aus.

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Rutenbeispiel: Balzer Diabolo x-Carp 3,60 m / Transportlänge 1,91 m / WFG 3 lbs / Gewicht 290 g / Preis: ca. 65,00 €. Bildnachweis: www.balzer.de

Nehmen wir einmal an, ich suche eine Rute für das Grundfischen auf schwere Karpfen. Hier sprechen wir über ordentliche Wurfweiten und Ködergewichte von 60 bis zu 80 g (Grundblei mit Boilies, Maisschnur oder Käsestücken). Dazu würde eine zwei bis dreiteilige Steckrute der Länge 3,50 – 3,90 m mit einer 3-lbs-Testkurve (Erklärung weiter unten) passen, die eine gemäßigt parabolische oder progressive Aktion hat. Letztere würde ich persönlich bevorzugen, um eine gute Zielgenauigkeit bei angelegter Futterstrecke zu erreichen.

Beispiel 2: Zanderrute für das Angeln mit totem Köderfisch an meinem Hausgewässer Talsperre (ebenfalls vom Ufer aus).

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Rutenbeispiel: Balzer Edition IM 12 Zander 2,65 m / WFG 19 - 52 g / Gewicht 175 g / Preis: ca. 120,00 € Bildnachweis: www.balzer.de

Große Wurfweiten sind nicht notwendig, da Zander eher in den Kleinfischschwärmen in Ufernähe jagen. Bleibeschwerung so leicht wie möglich (7,5 – 10 g). Kleiner Köderfisch wie Elritze, kleines Rotauge oder kleiner Kaulbarsch. Zander sind bis zu einer Größe von mehreren Kilogramm zu erwarten. Meine Wahl: Eine Steckrute mit

  • einer Länge von 2,70 – 3,30 m,
  • einem WFG von 10-40 g,
  • einer gemäßigten Spitzenaktion sowie
  • schnellem, sensiblen Blank.

Beispiel 3: Spinnrute auf Hecht (ebenfalls vom Ufer aus).

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Rutenbeispiel: Sportex Black Arrow G3 2,40 m / WFG 21 – 95 g / Gewicht 191 g / Preis ca. 200,00 €. Bildnachweis: www.sportex.de

Hierbei sind die Voraussetzungen: Künstlicher Hechtköder bis 60 g und stehende oder weite Fließgewässer. Bei diesen Vorgaben muss man auf jeden Fall einen Kompromiss bei der Rutenlänge eingehen.

  1. Bei stehenden Gewässern würde ich Ruten bis 2,70 m mit gemäßigter Spitzenaktion oder progressiver Aktion bevorzugen.
  2. Für große Fließgewässer darf es ruhig länger sein, da der Fisch mittunter im Strömungsbereich und auf längere Distanzen geführt werden muss. Außerdem macht auch der Anschlag durchaus mal einen großen Hebel notwendig. Hier wäre dann 3,30 m die obere Grenze.

Du musst Dir allerdings bewusst sein, dass die WFG-Angaben Orientierungshilfen sind – und keine Rastermaße, mit Hilfe von denen man Ruten in Schubladen sortieren kann. Außerdem sind die Übergänge fließend, wie Du bei der Zanderrute im Beispiel sehen kannst.

4.1 Was bedeutet die Angabe LBS bei einer Angelrute?

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Bei Boots- und Karpfenruten gibt es in der Regel keine WFG-Werte. Hier verwenden die Hersteller Angaben zu der Ruten-Testkurve. Als Maßeinheit dient hier das englische Pfund (1 lbs = 453,6 g).

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Schemazeichnung der Testkurvenermittlung bei Boots- und Karpfenruten.

Diese Angaben sind eher vergleichbar, da der Wert Auskunft darüber gibt, bei welchem Zuggewicht die Rutenspitze bei waagerechter Lage der Rute senkrecht zum Rutenverlauf zeigt.

  • Bei einer schweren Karpfenrute mit einer Testkurve von 3,5 lbs benötigt es also 3,5 x 453,6 g = 1587,6 g (1,6 kg) um diesen Zustand zu erreichen.
  • Bei einer Bootsrute von 30 lbs wären es schon 30 x 453,6 g = 13608 g (13,6 kg).

Falls Du wissen möchtest, welches WFG die gerade erwähnte Karpfenrute ungefähr hat, dann kannst Du das über den Daumen gepeilt mit der Formel 3,5 (lbs) x 453,6 (g) : 16 = 99,225 (g) tun. Diese gibt in diesem Fall einen Wert von rund 100 g aus, der durchaus dem Rutentyp entspricht. Als ideales WFG ergäbe sich bei Abzug von 20 % ein Wert von 80 g.

4.2 Die Gewichtsangaben beim Fliegenfischen

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Fliegenruten wiederum folgen der AFTMA-Standardeinteilung für Fliegenschnüre. Da bei der Fliegenfischerei mit dem Gewicht der Schnur geworfen wird, müssen Schnurgewicht und Rutentyp aufeinander abgestimmt sein. Die AFTMA-Klasse gibt dabei das Gewicht der ersten 9,14 m (10 Yards) der Fliegenschnur an. Bei einer Klasse-4-Leine (leichtes Forellen- und Äschenfischen) wiegen die ersten 10 Yards 7,8 g. Für das zweihändige Lachsfischen mit der Klasse 9 sind es bereits 15,6 g.

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Hier ist die voll parabolische Aktion der Karpfenrute bei Auswurf sehr schön zu sehen. Bildbachweis: www.sportex.de

5. Was gibt es an Ausstattung zu beachten?

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Die wichtigsten Charakteristiken für die Auswahl einer guten Angelrute, wie die Eigenschaften des Blanks, haben wir nun bereits besprochen. Aber es gibt noch einiges mehr an Ausstattung, das Du bei Deiner Kaufentscheidung beachten solltest. Rutengriffe und Rollenhalter fallen hier ebenso darunter wie die Laufringe, deren Wicklung und die Lackierung.

5.1 Griff und Rollenhalter

Bei den Rutengriffen gehen die Meinungen auseinander, ob es immer Kork sein muss – oder ob ein EVA-Grip (ähnlich wie Neopren) die bessere Lösung ist. Wir persönlich arbeiten lieber mit Korkgriffen, nicht nur der Qualitätsanmutung zuliebe.

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Oben ein langer Korkgriff mit Fuji Schraubrollenhalter. Unten die Minimallösung, die defacto nur aus einem Rollenhalter besteht. Zwischen diesen beiden Ausführungen liegen praktisch alle Varianten, die heute im Rutenbau eingesetzt werden. Bildnachweis: www.balzer.de

Kork ist außerdem bei Kälte und Nässe sympathischer in der Handhabung. Die Grifflänge und -form ist Geschmacksfrage, spielt aber natürlich für das Rutengewicht eine Rolle. Für uns kann der Griff ruhig ein bisschen mehr Länge haben, vor allem oberhalb des Rollenfußes ist uns das manchmal etwas knapp.

Beim Rollenhalter ist die Entscheidung Kunststoff oder Metall weitgehend von der Gewichtsklasse abhängig. Bei kräftigen Ruten für die schwere Angelei sollte es aus Belastungsgründen Metall sein, für alle anderen ist Kunststoff eine ausreichende Basis. Auf Qualität solltest Du bei diesem Bestandteil immer achten, da ein defekter Rollenhalter einen hohen Reparaturaufwand nach sich zieht. Mit einem Rollenhalter von Fuji oder Shimano bist Du hierbei auf der sicheren Seite.

5.2 Schnurführungsringe

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Zu den wichtigsten Ausstattungsdetails zählen für uns die Rutenringe. Hier kann einer gar nicht anspruchsvoll genug sein. Andersherum gesagt: Jeder Euro, den Du für Qualitätslaufringe zusätzlich ausgibst, ist bestens angelegt.

Hartmetallausführungen ohne Einlage gehören heute selbst bei preiswerten Ruten nicht mehr zum Inventar. Man darf bei der Schnurführung grundsätzlich Ringe mit einer harten Einlage wie Hardloy oder besser SIC bzw. Hartmetall verlangen, die auch geflochtene Schnüre ohne Riefenbildung handhaben können.

Leider sagt die Angabe „SIC-Ringe“ alleine nichts über die Qualität des Artikels aus. Die Erfahrung zeigt, dass es hierbei große Unterschiede in der Gebrauchstüchtigkeit gibt. Verbogene Spitzenringe wegen unzureichend stabiler Stege gehören ebenso dazu, wie herausgefallene, gerissene und gebrochene Einlagen – oder gar Rost am Edelstahlrahmen, der eigentlich rostfrei sein sollte.

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Drei Beispiele für SIC-Ringe von Fuji: Links zweistegig für kräftige Ruten. Mittig einstegig für die leichte Angelei. Rechts strapazierfähiger Spitzenring mit stabiler Dreifachhalterung. Bildnachweis: www.balzer.de

Auch hier lohnt es sich, nach den teureren Fuji SIC-Ringen zu schauen. Zudem müssen der Ringaufbau und die Ringfunktion der jeweiligen Rute angepasst sein.

  • Ringe mit einem Steg gehören an leichte flexible Ruten.
  • Stabile Ringe mit zwei Stegen passen an Ruten für die schwere Angelei.
  • Weitabstehende Spinnbeinringe sind ideal für feine Schnüre und Matchruten.
  • Wer im Salzwasser auf die ganz großen Fische geht, wird auf Rollenringe zumindest im Spitzenbereich nicht verzichten wollen.

5.3 Ringbindungen und Lackierung

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Die farbliche Gestaltung der Ringbindung ist Geschmacksfrage. Wichtiger ist, dass die Ringe sauber gewickelt sind und absolut in keine Richtung wackeln. Zur Blankschonung, gerade bei Belastungen, ist zudem eine Unterwicklung der Ringe sinnvoll.

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Farblich abgesetzte Zierbindungen wie hier in Rot prägen das äußere Erscheinungsbild einer Rute mit. Die Zweischichtlackierung bei vorheriger Farbkonservierung schützt das Garn für lange Zeit vor Verwitterung und mechanischer Beschädigung. Der Ring wird außerdem unverrückbar fixiert. Bildnachweis: www.balzer.de

Dazu wird zunächst auf den zu erwartenden Druckstellen Bindegarn aufgebracht und dann der Ring auf diesem Garn (Unterwicklung) aufgesetzt und überwickelt. Vor der Lackierung der Bindungen setzt der Hersteller bei Qualitätsruten immer eine Farbkonservierung auf den Bindungen ein, damit die Farbintensität des Garns durch das UV-Licht nicht verloren geht. Erst dann erhalten die Bindungen, meist zweifach, eine farblose Abschlusslackierung.

6. Was bestimmt den Preis einer Rute? - Oder: Wie teuer sind Angelruten?

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Kohlefaser ist grundsätzlich teurer als Glas, Kevlar und vor allem Titan wiederum teurer als Carbon. Wird der Blank in großen Stückzahlen in Serie gefertigt, spielt die Preisdifferenz im Ausgangsmaterial eine Rolle. Besonders dann, wenn hochwertiges Carbon-Material verwendet und besondere Zusatzwicklungen (z.B.) mit Titanfäden eingearbeitet werden.

Kleine Blankserien mit hohem Entwicklungsaufwand oder Herstellungsverfahren mit viel Handarbeit setzen der Kalkulation auch zu. Je weniger die Angelrute zu einem Massenprodukt in Standausführung mutiert, umso mehr wird er die Angelkasse belasten. Natürlich wissen wir alle, dass nicht jeder Artikel automatisch sein Geld wert ist. Die doppelt so teure Rute darf aber durchaus ihren Preis haben, wenn sie den Gegenwert hergibt.

Der Angler als Käufer ist hier das Maß der Dinge. Er alleine stellt fest, ob das Modell für seine bevorzugten Angelarten und Gewohnheiten ganz seinen Vorstellungen entspricht, sonst niemand. Und er entscheidet auch, ob die Qualitätsmerkmale der Rute seinen Ansprüchen genügen. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass billige Modelle häufig sehr schnell durch teurere ersetzt werden, weil das Angelvergnügen der Billigheimer (unter 60 Euro) sich arg in Grenzen hält.

In den mittleren Rutenpreisklassen (60 – 150 Euro) kannst Du in der Regel bereits fündig werden. Einmal ist das Angebot hier am größten – und zum anderen sind alle Qualitätsmerkmale einer guten Gebrauchsrute in dieser Preisklasse bereits grundsätzlich vorhanden.

Wie in vielen anderen Bereichen auch, sind bei Angelruten die letzten 20% an Qualität bei Materialeinsatz und Verarbeitung am teuersten. Wer allerdings schon einmal mit einer Rute aus dem oberen Preissegment (ab 150 Euro) gefischt hat, wird sich bei einer Neuanschaffung aber wahrscheinlich in diesem wiederfinden. Qualität überzeugt am Ende eben doch.

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Ein größerer Fisch an einer WFT-Sea-Dart-Rute offenbart eine semiparabolische Aktion mit einem steifen Rückgrat, das genügend Reserven für den bevorstehenden Drill bereitstellt. Bildnachweis: www.wft.de

6.1 Was macht eine gute Angelrute aus?

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Ruten aus dem oberen Preissegment punkten schon auf den ersten Blick mit ihrer makellosen Optik:

  • Mit einer ansatzlosen Lackierung,
  • einem designorientierten Finish beim Bindegarn sowie
  • den Abschlusskappen ober- und unterhalb des Griffes.

Falls außerdem Kork verwendet wurde, kannst Du vergeblich nach mit Holzkitt zugeschmierten Löchern suchen, die sonst leider oft die Regel sind. Ausgewählter feinporiger, portugiesischer Kork sollte hier verarbeitet sein. Die Ringe stammen aus dem Qualitätsregal eines namhaften Herstellers, der Rollenhalter kommt meist aus der gleichen Schmiede.

Die Ringverteilung und die Abstufung der Ringgrößen sind sehr fein austariert, so dass sich die Schnur bei Spannung harmonisch in die Biegekurve fügt. Ohne, dass dabei der Schnurverlauf zwischen den Ringen an eine Wäscheleine erinnert. Bei preiswerten Ruten mit ungünstigen Ringabständen kommt so etwas schon einmal vor.

Zur Blankherstellung wird meist Carbon in einer hohen Qualitätsstufe verarbeitet, das durch Einarbeitung von Zusatzfäden aus anderen Materialien (z.B. Titan, Kevlar) hohe Bruchsicherheit verspricht. Das sticht besonders ins Auge, wenn Kreuzwicklungen verwendet werden. Was immer wieder erstaunt – aber erst auffällt, wenn man eine passende Rolle montiert – ist, neben dem leichten Gewicht, die Ausgewogenheit einer solchen Rute in der Hand.

Nichts ist bei stundenlangem Blinkern so nervtötend wie ein kopflastiges Gerät. Leider ist das Rutengleichgewicht in der Anglerhand eine Frage der Feinarbeit am Endprodukt. Und das wiederum ist fast ein Alleinstellungsmerkmal der Preisoberklasse. Nur, wer eine solche Rute noch nicht in der Hand hatte, wird keinen Vergleich zu seinen eigenen Angelwerkzeugen anstellen können – und somit vielleicht auch nicht mehr erwarten.

7. Welche Angelruten-Arten gibt es?

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In diesem Kapitel geben wir Dir eine Übersicht über die verschiedenen Arten von Angelruten, welche für das Fischen erhältlich sind. Bildnachweis: unsplash.com

In diesem Kapitel haben wir Dir eine Übersicht

  1. der wichtigsten Rutenarten,
  2. ihrer charakteristischen Eigenschaften,
  3. sowie ihrer Vor- und Nachteile

zusammengestellt. Beginnen wollen wir dabei mit den unterschiedlichen Rutenformen, namentlich den

7.1 Steckruten

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Bei einer Steckrute werden die einzelnen Segmente (mit einer Länge von jeweils 80 – 200 cm) zusammengesteckt, um eine vollständige Angelrute zu erhalten. Dadurch reduziert sich die Transport- und Aufbewahrungslänge auf die Segmentlänge. Bei einer Steckrute sind die einzelnen Segmente wie bereits erwähnt relativ lange, wodurch Aktion und Belastbarkeit (inklusive der Anzahl der Schnurlaufringe) in der Regel besser sind als bei einer Teleskoprute.

7.2 Teleskoprute

Bei einer Teleskop-Angelrute können die einzelnen Segmente (50 – 100 cm) ineinandergeschoben werden, um die Gesamtlänge auf die Transport- und Aufbewahrungslänge zu reduzieren. Die Aktion und Belastbarkeit einer Teleskoprute ist in der Regel nicht so gut wie bei einer Steckrute. Nicht nur, aber auch, weil die Anzahl der Schnurlaufringe auf die Anzahl der Segmente begrenzt ist. Erfunden wurde sie vom amerikanischen Fliegenfischexperten Charles Ritz.

7.3 Spinnruten

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Spinnruten sind der häufigste Rutentyp, den man demzufolge in den Händen von Anglern aller Erfahrungsstufen findet. An der Unterseite der Rute ist eine Spinnrolle angebracht, was sie zu einer sehr vielseitigen Ruten- und Rollenkombination macht. Spinnruten ermöglichen es ihren Benutzern, sie mit der Haupthand zu halten, um mehr Stabilität und Kraft zu erhalten.

Die Rolle liegt beim Werfen und Einholen am unteren Ende der Rute. Die Bedienung ist relativ einfach: Wichtig ist lediglich, dass sie nicht allzu schwer ist, da Du sie ständig in der Hand hast und viel bewegen musst. Außerdem solltest Du ein verstärktes Augenmerk auf die Qualität der Ringe legen, da diese stark beansprucht werden. Bei schlechter Verarbeitung kann es hier ansonsten schnell zu Ausfällen bei den Ringen oder Schäden an der Schnur kommen.

Spinnruten gibt es in allen Größen, wodurch sie für fast jede Angelsituation geeignet sind. Unterschieden wird zwischen ultraleichten und extraschweren Modellen – inklusive aller Zwischenstufen. Diese Bezeichnung bezieht sich jedoch nicht auf das Gewicht der Reute selbst, sondern auf deren Wurfgewicht. Die Abstufungen sind dabei:

  1. Ultraleichte Spinnruten mit 0,5 – 12 g Wurfgewicht. Geeignet beispielsweise zum Angeln auf Barsch und Forelle.
  2. Leichte Spinnruten mit 5 – 25 g Wurfgewicht. Geeignet ebenfalls für Forelle und Barsch, sowie teilweise zum Angeln auf Hecht.
  3. Mittelschwere Spinnruten mit 30 – 80 g Wurfgewicht. Geeignet für Großforelle und Hecht
  4. Schwere Spinnrute mit 90 – 200 g Wurfgewicht. Geeignet für Hecht.
  5. Extraschwere Spinnruten mit 200 g + Wurfgewicht. Geeignet für Wels.